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Weißstörche in den Kreisen Celle und Gifhorn
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Begebenheiten

Findelkind (2020)

    In Dannenbüttel wuchsen in den ersten 7 Wochen drei Junge heran und wurden auch beringt. Am 14. Juni stand plötzlich in etwa gleichem Alter ein vierter Jungstorch im Nest - unberingt. Er blieb und wurde mit durchgefüttert. Woher und wie dieses Findelkind hierher gekommen ist, bleibt rätselhaft. Nirgends wurde ein Jungstorch vermisst. Im Alter von damals knapp 7 ½ Wochen war er auch noch längst nicht flügge. Somit bleibt als einzige denkbare Erklärung diese: Am 13. Juni gab es in Norddeutschland Unwetter mit Sturmböen und örtlichem Starkregen. Dieser Jungstorch muss von seinem Nest vermutlich irgendwo viel weiter östlich verdriftet worden sein und hat es - wie auch immer - geschafft, im Dannenbütteler Nest zu landen. Mit seinen Stiefgeschwistern ist er dann gut 2 ½ Wochen danach flügge geworden.

Wundersame Storchenrettung (2017)
Informationen: Weißstorchbetreuer Hans Schönecker

    Storchenfalle Untersiemau Das Storchenpaar in Scherneck (Bayern) suchte häufig auch einen bald 40 m hohen alten Fabrikschornstein im nahegelegenen Untersiemau auf (Foto Hans Schönecker). Beide sind beringt, die Störchin stammt aus Schweden. Am 16.03. dieses Jahres verschwand das Männchen. Seine Stelle nahm zwei Tage darauf ein neues Männchen ein. Am 07. 04. dann wurde beobachtet, wie die Störchin auf dem Schornstein landete, offensichtlich abrutschte und hineinfiel. In einer komplizierten Rettungsaktion gelang es am folgenden Tag, den Unterzugang zum Schornstein zu öffnen. Dabei wurden gleich zwei lebende Störche entdeckt. Es handelte sich um die Schwedin - und ihren seit drei Wochen vermissten Partner! Beide waren, wie der die Aktion durchführende Tierarzt Joachim Lessing feststellte, unversehrt, das Männchen allerdings ziemlich untergewichtig. Es hatte nicht nur wie seine Partnerin den Sturz aus dieser Höhe, sondern dort unten auch drei Wochen ohne Nahrung überlebt!

    In Nestnähe freigelassen flog das Weibchen sogleich auf das Nest, wo ihr derzeitiger Partner auf den Eiern saß. Das Männchen begab sich als erstes zu einem nahegelegenen Graben, um zu trinken. Später versuchte es, seinen Platz zurück zu erobern, doch der Nachfolger war zunächst stärker. Nach einiger Zeit wieder bei Kräften gelang es ihm aber doch. Der Nachfolger wurde vertrieben, die Brut zerstört. Das Weibchen legte dann noch einmal nach. Einen Bruterfolg gab es aber nicht nicht mehr.

    Dieses Beispiel zeigt, dass Störche auch über längere Zeit mit wenig oder ganz ohne Nahrung auskommen können. Auf dem Zug geschieht das ja ohnehin. So wird auch erklärlich, warum Störche bei uns überwintern können, selbst wenn es einen längeren Nahrungsengpass geben sollte. Als im Jahr 2013 der Winter mit Frost und Schnee bis in den April hinein dauerte, waren bis dahin schon viele Westzieher wieder bei uns eingetroffen. Mir ist kein Fall bekannt, dass in dieser Zeit ein Storch umgekommen ist - auch dort nicht, wo es keine Mülldeponien in der Nähe gab und auch nicht wie mancherorts zugefüttert wurde.

Bankräuber (2014)

    Aus Wesendorf (GF) kam die Nachricht, der erste Storch sei da. Ob es wohl das Männchen der letzten Jahre war? Als ich vor Ort eintraf, war das Nest leer. So wartete ich im Auto auf dem Parkplatz gegenüber, las die Tageszeitung und spähte immer mal wieder über den Zeitungsrand zum Nest hin. Nach einer halben Stunde klopfte es plötzlich gegen die Scheibe. Ich sah: Da stand ein Polizist. Er forderte mich auf, die Tür zu öffnen. Auf der Beifahrerseite stand ein zweiter Polizist. Ich öffnete die Tür und fragte, was los sei. Die Antwort: Aus der schräg gegenüber liegenden Volksbank sei die Meldung gekommen, sie würde möglicherweise ausgespäht - von einer sich verdächtig verhaltenden Person in einem Auto mit Celler Kennzeichen auf dem Parkplatz. Der Polizist forderte mich auf, mich auszuweisen. Ich beteuerte meine Unschuld und gab ihm meine Storchenbetreuer-Visitenkarte. Die Lage begann sich zu entspannen. Im selben Moment landete der Storch auf dem Nest. Ich durfte mein Spektiv aufbauen und konnte kurz darauf die frohe Botschaft verkünden: Ja, es ist DEW 1X 962, das unten rechts beringte Storchenmännchen der letzten Jahre.

Weibliche Taktik (2012)

    Zehn Jahre lang hatte das beringte Männchen in Calberlah (GF) mit einem unberingten Weibchen gebrütet. In diesem Jahr aber blieb sie aus. Zwölf Tage war er solo. Dann erschien ein neues Weibchen - mit Ring. Mehrfach versuchte sie, auf dem Nest zu landen - vergeblich. Er wehrte sie ab und vertrieb sie aus der unmittelbaren Nähe. Schließlich landete sie hinter einer Buschreihe.

    Nach einer Stunde kam sie wieder angeflogen und ließ sich in Sichtweite zu ihm auf der Wiese nieder. Dort stand sie nun - und er in etwa 80 m Entfernung zu ihr oben auf dem Nest. Eine weitere halbe Stunde tat sich nichts. Dann näherte sich mit einem Mal ein fremdes Paar. Er klapperte heftig dagegen an. Diesen Moment nutzte sie, flog auf, schlüpfte an seine Seite und begann, zusammen mit ihm das Nest zu verteidigen. Gemeinsam gelang es, die Angreifer abzuwehren. Seitdem sind nun die beiden ein Paar.

Der Beweis

    Der Storch bringt die Kinder. Dieses kulturelle Grundwissen finden wir in vielen Ländern. Schwierig wird es indes, im konkreten Fall Beweise zu erbringen, dass es tatsächlich so gewesen ist. Ich konnte diesen Beweis nun erbringen - aufgrund eines Taufgesprächs. In dessen Verlauf sagte der Vater: “Soll ich Ihnen mal erzählen, wie unser Kind entstanden ist?” Vorsichtig zurückhaltend entgegnete ich “Nun ja, ich kann mir das schon vorstellen.” Darauf der Vater: “Also, das war so: Mein Arbeitsplatz im Nachbardorf grenzt an eine Wiese an. Als ich eines Tages im letzten Jahr morgens aus dem Fenster schaute, sah ich plötzlich direkt vor mir einen Storch. Ich habe darauf sogleich meine Frau angerufen - tja, und das war dann der Tag, welcher...”


Blick zum Himmel (2002)

    Im Jahr 2002 kam das Storchenmännchen in Wienhausen/Kreis Celle am 18.04., musste dann aber lange auf eine Partnerin warten. Am Himmelfahrtstag (09.05.) hatte sich die Kirchengemeinde zum Gottesdienst im Klosterpark versammelt - mit freiem Blick zum Storchennest hoch oben auf der Klosterzinne. Mitten im Gottesdienst - die Gemeinde sprach gerade das Glaubensbekenntnis - erscholl mit einem Mal lautes Geklapper. Die Störchin war eingetroffen. Nach intensiver Begrüßung schritten die beiden sogleich zur Paarung. Mehrere Augenzeugen berichteten mir anschließend, dass die Gemeinde etliche Probleme damit hatte, dem Gottesdienstgeschehen in voller Konzentration zu folgen.

Unter Terrorismusverdacht (2001)

    Zwei Wochen nach dem September-Attentat in den USA klingelte es an meiner Haustür. Zwei Polizisten standen davor. „Herr Behrmann?“ „Ja, der bin ich.“ „Kennen Sie 072 T?“

    Ich war überrascht. „Das ist die Ringnummer von einem Storch“. Die Polizisten versanken in Schweigen. Nun wollte ich es aber wissen: „Was ist denn überhaupt?“. Die beiden sahen sich an. Schließlich zeigte mir der eine ein Schriftstück. Es war ein an mich gerichtetes Fax: „Lieber Herr Behrmann, 072 T ist heute abgeflogen!“ Ich erklärte: „Der Wolfsburger Storchenbetreuer teilt mir mit, dass nun auch der Storch mit der Ringnummer 072 T seine Reise ins Winterquartier angetreten hat. Aber wie kommt diese Mitteilung zur Polizei?“ Deren Antwort: Das Fax sei an einen falschen Adressaten gelangt. Der habe sich überlegt, es könnte irgend etwas mit dem Attentat und der Suche nach „Schläfern“, den Tätern und ihren Hintermännern zu tun haben, und sei zur Polizei gegangen. Nun ja… .

    Übrigens: Das Storchenmännchen 072 T, später aus Registrierungsgründen in DEW T 072 umbenannt, ist der erste nachgewiesene Storch im Kreis Celle, der bereits als Zweijähriger in Großmoor erfolgreich brütete. Danach siedelte er in die Wolfsburger Region über, wo er auch 2010 noch als Brutvogel bestätigt werden konnte (siehe auch unter der Rubrik Ringstörche).


Heimgekehrt (1999)

    Aus Hornbostel kam die Information, dass sich einer der bereits flüggen Jungstörche im Bereich Allerdamm aufhalte und offensichtlich nicht mehr fliegen könne. Eine erste Nachsuche meinerseits blieb erfolglos. Am Abend tauchte der Jungstorch dann doch wieder auf. Mit herabhängendem linken Flügel war er zu Fuß ins Dorf gelangt und dort, zum Schluss von einer Kinderschar begleitet, bis direkt unter das Nest gegangen, in dem hoch oben seine Geschwister saßen. Ich habe ihn dann eingefangen und in die Pflegestation nach Leiferde gebracht. Dort wurde ein völliger Bruch der Schwinge des linken Flügels festgestellt. Solche Verletzungen entstehen vor allem durch Kollision mit festen Gegenständen, wie z.B. Autos, Stromleitungen oder Zäunen. Da die Schwinge so nicht wieder anwachsen kann, musste sie in der Tierärztlichen Hochschule in Hannover amputiert werden. Der Storch lebt heute in einem Wildpark im Reg.-Bezirk Braunschweig.

Fütterung (1997)

    Meine zweite Storchenheimat ist das Storchendorf Wahrenberg bei Wittenberge. Jedes Jahr verbringe ich dort einige Tage, um das Brutgeschehen zu verfolgen, und auch zum Ablesen der Ringstörche. Diesmal waren meine Frau und ich am letzten Tag von unseren Gastgebern um 18:00 Uhr zum Grillen eingeladen. Nachmittags erreichte mich dann die Bitte, möglichst noch im benachbarten Beuster einen Brutstorch abzulesen. Ich fuhr hin. In den nächsten Stunden wurde die Jungen dort zweimal gefüttert - doch jeweils von einem Storch ohne Ring. Die Hofbesitzerin, eine alte Bäuerin erschien zwischenzeitlich und bewunderte meine Ausdauer. Die Zeit wurde knapp. Dann, es war 17:45 Uhr und ich wollte gerade wieder losfahren, kam die Bäuerin noch einmal auf mich zu - mit einem Teller voller leckerer Schnittchen mit Leberwurst, Mettwurst und Schinken. Ich überlegte schnell: Wie sollte ich reagieren? Sagen, “nein danke, ich bin leider gleich zum Grillen eingeladen?” .- Nein, so konnte ich sie doch nicht enttäuschen, nachdem sie sich solche Mühe gemacht hatte! Während ich noch überlegte, sagte die Bäuerin: “So, und nun will ich noch eben den Hund füttern”, - sprachs und entschwand mit den Schnittchen Richtung Zwinger, wo sie schon lebhaft erwartet wurde.


Wahre Liebe (1988)

    In Langlingen brüteten die Störche im Nest auf dem Schornstein der Putenfarm Mylius. Wenige Tage vor dem Schlüpfen wurde das Weibchen verletzt an der Hauptstraße aufgefunden und in die Tierärztliche Hochschule nach Hannover gebracht. Da ein Storch allein keine Brut hochbekommt, habe ich die Eier sofort geborgen und zum Ausbrüten in das NABU-Artenschutzzentrum Leiferde gebracht.

    Einen Tag später hatte das Männchen bereits eine neue Partnerin. Drei Tage danach wurde das inzwischen wieder gesunde Weibchen zurückgebracht. Es flog in gewohnter Weise auf das Nest. Das Männchen mit der neuen Partnerin war gerade unterwegs. Als sie zurückkehrten, landete das Männchen wie immer auf dem Nest. Als die neue Partnerin das auch versuchte, wurde sie von Männchen und Weibchen gemeinsam abgewehrt. Fazit: Der kurze Seitensprung war vergessen, die wahre (Saison-) Liebe hatte sich durchgesetzt.